1961 in Frankfurt am Main geboren
1974 - 80 Unterricht bei der Holzbildhauerin Christiane von Kessel
1982 - 89 Studium der Kunstpädagogik M.A. an der J.-W.-v.Goethe-Universität, Frankfurt bei Prof. Dr. Wolf Spemann
1986 - 89 Studienaufenthalte in Carrara (Italien)
1990 - 91 Gaststudium an der Accademia di Belle Arti in Carrara
seit 1991 freischaffende Bildhauerin
seit 1996 Mitglied im BBK Frankfurt und im FORUM KÜNSTLERINNEN, Stuttgart

1991 Palazzo Comunale, Massa (Italien)
1992 Galerie im Alten Rathaus, Seeheim-Jugenheim (Bergstraße)
1992 Galerie Confetti, Schöneck
1993 Schloßparkmuseum, Bad Kreuznach
1995 „Leibräume“ in der Galerie Kunstpunkt, Darmstadt
1995 Zeichnungen in der Galerie Altes Rathaus, Seeheim-Jugenheim

1988 „arthouse im Rathaus", Ingelheim (Rhein)
1990 Schloß Heiligenberg, Seeheim-Jugenheim (Bergstraße)
1991 Prima Mostra Internationale di Scultura, Legnano (Milano)
1992 Marktplatzgestaltung im Rahmen von „arthouse im Rathaus“, Ingelheim
1993 Atelier Seidel, Heusenstamm
1993 „Drei Frauen sehen einen Mann“, Kurhaus Heubach (Odenwald)
1993 1° Salon des Îles, Locmaria und Groix (Frankfreich)
1993 „arthouse im Rathaus“, Ingelheim (Rhein)
1994 Skulpturen im Park des Jagdschlosses Kranichstein, Darmstadt
1996 Atelierhaus HH, Günderrodestraße 4, Frankfurt a.M.
1999 Kommunale Galerie, Darmstadt (mit Marlene Seubert)

1994 Ost-West, Begegnung im Stein, Balduinstein (Lahn)
1995 Europa-Biennale Niederlausitz (mit Jürgen Engel)
1996 5.Internationales Bildhauerpleinair am Müritz-Nationalpark (Mecklenburg-Vorpommern) und am Wigry-Nationalpark (Polen)

1997 Zweimonatiger Aufenthalt im Gastatelier von Artists Unlimited, Bielefeld (Stipendium)

1995 Künstlerische Leitung der 8. Kulturtage Seeheim-Jugenheim zum Thema: Erfahrung Raum

Leibräume nennt die Frankfurter Bildhauerin Birgit Cäuer eine Serie von Arbeiten, mit der sie 1995 begonnen hatte. Die Ausstellung in der Galerie Kunstpunkt in Darmstadt zeigte in diesem Zusammenhang eine gleichnamige Rauminstallation.

Diese Arbeit ist in ihren Größenverhältnissen sowie in ihrer Kombination auf den Raum am Riegerplatz bezogen und sie ist eigens für diese Ausstellung angefertigt. Doch das ist nur der Ausstellungsaspekt. Grundsätzlich ist die Serie der Leibräume auf die menschliche Körperlichkeit, auf ihre räumliche Ausdehnung bezogen. Hierbei hat die Künstlerin durch das Umwickeln der von ihr geformten Armiereisen mittels Stoffstreifen eine Darstellung gefunden in der Innenräume und Außenräume gleichzeitig erscheinen. Die sonst vor jeglichen Einblicken schützende Haut eines Körpers fehlt zwar materiell; aber sie wird durch das bindige Baumwollgewebe angedeutet. Der Blick kann nun in den nur teillweise geschützten Körper, also in den Leib eindringen, um seinen Innenraum wahrzunehmen. Diese unvollständigen Hüllen aus Nessel und anderen Materialien haben einen doppelten Charakter: Einerseits binden sie die fehlende Körperoberfläche und andererseits markieren sie die Grenze zwischen dem Innen und dem Außen.

Sicherlich mag das Bewegen und Darstellen von Räumlichkeiten für die Bildhauerei eine Selbstverständlichkeit, sogar eine künstlerische Notwendigkeit sein. Das Besondere an diesen Arbeiten der Bildhauerin Birgit Cauer ist der menschliche Bezug: die Künstlerin geht vom Leib aus, der ja im herkömmlichen Bewußtsein keinen eigenen Raum einnimmt, sondern der Raum beginnt gemäß dieser Auffassung jenseits des Leibes, erst außerhalb der Haut. Der Leib wird wie ein raumloser Mittelpunkt gesehen.
Gerade in der heutigen Informationsgesellschaft mit ihrer kopforientierten Leibesferne müßte schon allein die Titelgebung Leibräume eine ausgiebige Diskussion hervorrufen. Weil zum Beispiel das typische Kennzeichen einer digital ausgerichteten Lebensform das allmähliche Verschwinden der leiblichen Nähe ist. Weil für den globalen Austausch von Informationen die körperliche Anwesenheit nicht mehr erforderlich, der Einblick in die innere Befindlichkeit entbehrlich geworden ist.

Intuitiv greifen Künstler gesellschaftliche Tendenzen auf, um sie in ihre Werke einfließen zu lassen. Dieses Aufgreifen soll über die künstlerischen Gestaltungsprozesse hinaus auch Auseinandersetzungen provozieren. Auch die Leibräume, die von der Bildhauerin Birgit Cauer im Darmstädter Kunstpunkt ausgestellt wurden, sind geeignet vor allem ein Nachdenken über das Verschwinden der Nähe zu beginnen.

Text von Jürgen Engel, September 1995

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